Gender Medizin
Der relativ junge Forschungszweig der Gender Medizin beschäftigt sich mit biologischen, sozialen und psychologischen Unterschieden zwischen Männern und Frauen.
Denn zweifelsohne bedürfen geschlechtsspezifische Lebensanforderungen, Lebensumstände und Krankheitsausprägungen auch unterschiedlicher Lösungsansätze. Folgende Erkrankungen treten laut derzeitigem Stand der Forschung bei Frauen häufiger auf: Allergien, Autoimmunerkrankungen, Depressionen, Osteoporose, Diabetes und chronische Krankheiten. Zusätzlich im Steigen begriffen sind Zivilisationskrankheiten, die durch Mehrfachbelastung, Zeitmangel und Stress begünstigt werden: Fettleibigkeit, degenerative Erkrankungen der Wirbelsäule sowie Erkrankungen aufgrund mangelnder Bewegung.
Der Mann als Norm
Leider dominiert die männliche Norm die medizinische Forschung und Lehre bis heute. Symptome sowie gängige Richtlinien für die Dosierung, Wirkungen und Nebenwirkungen von Medikamenten orientieren sich oft immer noch an den Reaktionen des männlichen Körpers, obwohl es mittlerweile als gesichert gilt, dass Medikamente bei Frauen anders wirken als bei Männern. Langwierige Zulassungsverfahren verhindern oftmals, dass Medikamente ausschließlich oder zusätzlich an Frauen getestet werden. Zudem zeigt der weibliche Körper stärkere hormonelle Schwankungen und ist damit schwieriger zu erforschen.
Frauen ticken anders
Langsam holt die frauenmedizinische Forschung jedoch auf und rückt Unterschiede in den Blickpunkt. Ein Beispiel für unterschiedliche Diagnostik bei Männern und Frauen ist der Herzinfarkt. Weit verbreitet ist die Annahme, dass Schmerzen in der Brust und im Arm auf einen akuten Anfall hindeuten. Wenig bekannt ist hingegen, dass der weibliche Herzinfarkt mit diffusen Symptomen wie z.B. Rückenschmerzen einhergehen kann. Bei der Depression beispielsweise gibt es Unterschiede in der Symptomatik, die zu einer gehäuften Diagnose bei Frauen im Vergleich zu Männern führen.
Maßgeschneiderte Medizin für Frauen
Um Frauen adäquat medizinisch betreuen zu können, sind verschiedene Schritte notwendig. Zum ersten gilt es, den spezifischen Kommunikationsstil von Frauen zu berücksichtigen. Während Männer beim Erstgespräch rascher auf den Punkt kommen, brauchen Frauen ein wertschätzendes Klima mit einer einfühlsamen Gesprächsführung, um sich sicher und verstanden zu fühlen. Damit wird eine richtige Diagnosestellung erleichtert. Zum zweiten müssen Ärzte und Ärztinnen darin geschult sein, spezifisch weibliche Krankheitssymptome richtig zu erkennen. Auch die Wirkung der Behandlung muss an den weiblichen Körper angepasst sein – eine maßgeschneiderte Medikation ist sinnvoll und notwendig. Der präventive Aspekt sollte ebenfalls nicht vernachlässigt werden. Viele der Erkrankungen, die Frauen häufiger betreffen, sind auf einen typisch weiblichen Lebensstil zurückzuführen, der sich durch Selbstüberforderung, Mehrfachbelastung und Aufopferung für andere auszeichnet. Hier können spezifische Lebensstilschulungen helfen, um Erkrankungen langfristig vorzubeugen.